Pogrom-Gedenken rückt das Unrecht in Werne ins Licht November 13, 2012 Die brutalen Angriffe auf die jüdischen Mitbürger in der Pogromnacht 1938 waren das Werk anonymer „Braunhemden“, denen die Zivilbevölkerung nicht Einhalt gebieten konnte? Dieser Mär in der Gedenkstunde am Standort der zerstörten Synagoge entgegenzutreten, das hatte sich Bürgermeister Lothar Christ vorgenommen und Texte der Historiker Richard J. Evans und Alan E. Steinweis vorbereitet. Doch bevor er darauf einging, griff Christ auf, was es Freitag im WA Neues über das Geschehen in Werne gab. Denn auch hier hat es den von Evans festgestellten „massiven Ausbruch ungezügelter zerstörerischer Wut“ gegen Juden gegeben, „ohne das sich dagegen eine nennenswerte Opposition gerührt hätte.“ Das belege sehr eindringlich die Schilderung des Holocaust-Überlebenden Leo Marcus. Der hatte, wie berichtet, 1947 bei der Polizei zu Protokoll gegeben, wie ihm bekannte Werner in sein Haus eingedrungen sind und ihn herausgetrieben und schwer misshandelt haben. „Eine bemerkenswerte Entdeckung“, nannte Christ, was der Werner Historiker Josef Börste an neuen Zeugnissen des Unrechts in dieser Stadt zu Tage gefördert und für die Berichterstattung im Westfälischen Anzeiger zur Verfügung gestellt hat. „Es war in Werne nicht anders“, sagte Christ mit Blick darauf, dass den Quellen zu Folge auch hier die Pogrome „vielen Menschen die Möglichkeit boten, niederen Instinkten freien Lauf zu lassen und ihre Aggressionen auszuleben.“ Daraus folge die Frage, wie es zu den „schrecklichen Geschehnissen gekommen ist, und was wir tun können, um zukünftig Vergleichsbares zu vermeiden.“ Es gelte, die Erinnerung wach zu halten. Und so war Christ „froh und dankbar“, dass gestern einmal mehr Jugendliche einen Beitrag zu der Gedenkverstatung leisteten. Pia Gudehus, Nele Herrberg und Jonas Kesting, Schüler der Stufe Q I (11) des Anne-Frank-Gymnasiums, trugen nach Vorbereitung mit ihrem Lehrer Ulrich Stüken einen Text von Reinhold Maier vor und schlugen einen Bogen zur Gegenwart: „Diskriminierung heißt heute Mobbing. Auch heute darf man nicht die Augen davor verschließen und muss Vorurteile aus der Welt schaffen.“ ▪ bkr (Westfälischer Anzeiger 12.11.12)