29.04.2010
Die Grüne Haushaltsrede

Sehr geehrte Damen und Herren!
Zum zweiten Mal beschäftigen wir uns mit einem Haushaltsplan für Werne, der im Sinne des „Neuen Kommunalen Finanzmanagement" einen Ergebnisplan und einen Finanzplan präsentiert, also nicht mehr den „alten" Verwaltungshaushalt und Vermögenshaushalt abbildet, an die wir uns so gewöhnt hatten. Dass inzwischen dadurch eine größere Transparenz entstanden ist, können wir nicht erkennen. Der Kämmerer versichert allen aber, dass es dazu noch kommen wird, wenn sich alles eingespielt hat. Nun ja, wir werden ja sehen.
Nach wie vor kann im Moment ein verpflichtendes Haushaltssicherungskonzept vermieden werden, das noch zum Doppelhaushalts 2007/2008 gehörte. Die Probleme sind jedoch nicht weg, wie hier bereits im Vorjahr festgestellt wurde. Die sogenannte Ausgleichsrücklage verringert sich weiter bedrohlich. Dass das in den nächsten Jahren nicht so weitergehen darf - auch das sagte ich im letzten Jahr an gleicher Stelle -, ist klar, denn sonst wird die Stadt bald handlungsunfähig.
Um die Handlungsfähigkeit langfristig zu erhalten, wurde unter anderem der Kommunalbetrieb Werne gegründet. Die Stadt hat damit Zeit gewonnen, sich zu konsolidieren, aber irgendwie sehen wir im Moment nur bedingt Fortschritte. Das Konzept ist sinnvoll, nur müssen jetzt die einzelnen Bereich der Stadt ernsthaft auf den Prüfstand gestellt werden, um das städtische Defizit mittelfristig in den Griff zu bekommen.
Dass die Grünen den ersten Wirtschaftsplan des KBWs abgelehnt haben, hatte nichts mit dieser Konzeption zu tun, die wir nach wie vor für richtig halten, sondern mit Einzelmaßnahmen. Einige sind davon inzwischen Realität, und wir werden eine rückwärts gerichtete Diskussion vermeiden.
Allerdings gibt es eine Ausnahme, das heißt einen Punkt, der uns nicht nur inhaltlich ärgert, sondern auch bezüglich seiner Auswirkung auf unseren Haushalt. Die Tatsache, dass der Haushalt von den finanziellen Auswirkungen der Vorfinanzierung der L 518n massiver belastet wird, als immer getan wird. Je länger sich die Angelegenheit hinzieht, desto höher ist der Kapitaldienst, der durch die Vorfinanzierung etwa beim Grunderwerb für die Straße entsteht. Im Übrigen ist das „Delta" - um ein Lieblingswort mancher Hausexperten der Stadt zu zitieren - (also das „Delta") zwischen Vorleistungen der Stadt und der Summe, die vom Land am Ende irgendwann mal wirklich erstattet werden wird, nicht unerheblich. Dazu gehört, dass uns auch das Gewerbegebiet „Nordlippepark" durch die Vermischung mit dem dort liegenden Teil der L 518n teurer gekommen ist, als es sonst gewesen wäre. Auch hier fällt ein „Delta" - Wirtschaftsförderung hin oder her - zwischen Erwerbs- und Erschließungskosten für die Stadt und den tatsächlichen Erlösen negativer aus, als es notwendig gewesen wäre.
Aus diesem Grund wird ein Mitglied unserer Fraktion heute dem Etat auch nicht zustimmen, obwohl er in den übrigen Fragen die Einschätzungen unserer Fraktion teilt.
Ansonsten sind es politische Details, bei denen sich unsere Auffassungen von denen der anderen Fraktionen unterscheiden. Dass wir heute der Haushaltssatzung und dem Wirtschaftsplan zustimmen, ist auch den politischen Veränderungen in Werne seit der Kommunalwahl 2004 geschuldet: Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse, bei denen keine Fraktion mehr alleine entscheiden kann, wollen wir weiterhin die Gesamtverantwortung des Stadtrates dokumentieren.
Gründe, mit denen man aus der Opposition heraus den Etat ablehnen könnte, gäbe es reichlich, auch das habe ich im vergangenen Jahr betont: Wer wünscht sich nicht noch mehr Geld für Schulen, Kindergärten und den Sport; wer gäbe nicht gerne mehr finanzielle Mittel für den sozialen Bereich und die Jugendarbeit der Stadt aus; wer würde nicht auch die Vereine und Verbände großzügiger fördern wollen? Vieles mehr ließe sich bequem fordern.
Zudem führen in diesem Jahr Sparmaßnahmen zur Verärgerung vieler Gruppen: Grundstückseigentümer, Hundebesitzer, Eltern von Kindern im Kindergartenalter, von schulpflichtigen Kindern, Nutzer verschiedener Einrichtungen in der Stadt, Bürger in unterschiedlichen Wohngegenden unserer Stadt, von Stockum oder Horst - die Liste der von der Finanznot der Stadt direkt oder indirekt betroffenen Bürger ließe sich fast endlos fortsetzen.
Um derartige Befindlichkeiten darzustellen, lassen Sie mich eine kleine, etwas scherzhafte Geschichte erzählen: In einer Kneipe in Werne sitzen an einem Tisch drei Werner, ein Stockumer betritt den Raum. Da alle Tische besetzt sind, fragt er, ob er sich an den Tisch der Werner setzen darf. Ein knappes Nicken gestattet es ihm. Er bekommt die Speisekarte und fragt, ob man ihm etwas empfehlen könne. Er erntet nur ein Achselzucken. Da kommt eine Frau in den Raum, die Spenden für bedürftige Kinder in Werne sammelt. Der insgesamt gut gelaunte Stockumer gibt fröhlich 50 Euro. Die Dame fragt, ob die anderen Herren auch etwas spenden wollen. Einer der drei Werner antwortet im sachlichen Ton: „Wir gehören zusammen."
Die Geschichte könnte man natürlich auch so erzählen: Sitzen drei Stockumer in Stockum in einer Kneipe und ein Werner betritt den Raum...
Man könnte sie überhaupt mit verschiedenen Bevölkerungsschichten erzählen. Was ich damit sagen will, ist, dass man immer Betroffene findet, die davon ausgehen, dass sie für die anderen die Zeche bezahlen.
Das ist schließlich der Grund, warum wir auch dem freiwilligen Haushaltssicherungskonzept zustimmen, in dem eine Menge unangenehmer Dinge stehen - über die zum Teil sicher auch noch diskutiert werden muss. Klar ist aber, dass jeder seinen Beitrag wird leisten müssen. Handlungsunfähig zu werden, ist das Schlimmste, was der Stadt passieren kann. Dann bekommen wir die Sparmaßnahmen diktiert.
Vor diesem Hintergrund bleiben wir insgesamt bei dem Gedanken, dass gerade in einer schwierigen Zeit mit offenen Mehrheitsverhältnissen ein unangenehmer Haushalt von einer breiten Mehrheit verabschiedet werden sollte.
Die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN wird daher der Haushaltssatzung 2010 zustimmen.