Rede zur Verabschiedung des Doppelhaushaltes 2016 / 2017

Die Darstellungen der Eigenkapitalentwicklung der letzten Jahre übereinandergelegt zeigen Schwankungen, die die Vermutung nahelegen, dass die Zahlen (auf den Euro genau angegeben) durch irgendein bizarres Verfahren ausgelost wurden… Mal ehrlich, wie soll man damit umgehen: Noch vor zwei Jahren ist für 2016 ein Fehlbedarf von 800.000 Euro vermutet worden (also eigentlich errechnet), nun ist er auf über 10 Millionen Euro angestiegen, 2017 soll es nur einen Finanzbedarf von 1,5 Millionen Euro geben – und für 2020 wird dann ein positives Ergebnis dargestellt (also vorgeblich errechnet)? Und dann sind die tatsächlichen Ergebnisse teilweise besser als die Prognosen – und die geprüften Ergebnisse bisweilen besser als die vorläufigen Ergebnisse, was ja irgendwie wieder für den Kämmerer spricht.
Der Kämmerer, Herr Schulze-Beckinghausen, erklärt die Schwankungen so: Weil er so genau rechnen muss, kommt es zu den „Verwerfungen“. Das erinnert irgendwie an altgriechische Paradoxa. Ehrlicherweise muss man zugeben, dass der Kämmerer eigentlich sagt, dass er genau nach gesetzlichen Vorgaben, die er nicht beeinflussen kann, rechnen muss. Die sind dann nicht immer logisch, aber es wird auf den Euro genau damit gerechnet. Die Stichworte dazu lauten „Fortschreibung der Orientierungsdaten“ und „Ergebnisse der Modellrechnungen“. Das Wechselspiel von Gewerbesteuereinnahmen und Schlüsselzuweisungen, Einmaleffekte, die unklare Entwicklung der Kreisumlage und die Unwägbarkeiten bei den Leistungen für Flüchtlinge sind beispielsweise Faktoren, die die Berechnung der zukünftigen Entwicklung mit Fragezeichen versehen.
Die Feststellung des Kämmerers bei der Einbringung des Haushaltes bezogen auf die Konsolidierung, dass „auch bei genauerer Betrachtung […] sich in den kommenden zwei Jahren kaum entscheidende Abweichungen ergeben“ werden, klingt schon kühn. Wir wären ja schon froh, wenn das für das nächste halbe Jahr gelten würde… Schön finde ich das Wort „auch“ in diesem Zusammenhang: Was wäre denn die Alternative zur „genaueren Betrachtung“? „Oberflächliche Betrachtung“? Das wäre ja noch schöner!
Nochmal, um keinen falschen Eindruck zu erwecken: Der Kämmerer, Herr Schulze-Beckinghausen, rechnet in den Schranken, die das gesetzlich vorgeschrieben Verfahren im Umgang mit Referenzdaten vorgibt, schlüssig und verantwortungsbewusst.
An einem weiteren Punkt hat aber auch der Kämmerer offenbar kleine Sorgen – und das machen auch seine Einlassungen bei der Etateinbringung deutlich: Ich meine die weitere Erhöhung der möglichen Kassenkredite auf 40 Millionen. Solange wir in der aktuellen Niedrigzinsphase bleiben, lässt sich damit umgehen. Das Zinsänderungsrisiko ist aber gewaltig. Sollten die Zinsen plötzlich spürbar ansteigen, wären die Folgen fatal. Wir halten den Höchstbetrag für Kredite, die zur Liquiditätssicherung in Anspruch genommen werden dürfen, mit 40 Millionen Euro für zu hoch, zumal die Gemeindeprüfungsanstalt bei ihrer Prüfung hier ebenfalls ein sehr hohes Risiko für eine Kommune unserer Größenordnung sieht.
Wie im Vorjahr werden die Steuerhebesätze für uns zum Knackpunkt. Dabei bezweifeln wir gar nicht, dass die angespannte Finanzsituation von allen Seiten Opfern verlangt und auch eine Erhöhung der Grundsteuer B im Vorjahr – und gleich mitbeschlossen für 2017 – möglicherweise nicht zu umgehen ist.
Dass dabei aber eine Anhebung der Gewerbesteuer nun endgültig mindestens bis 2018 ausgeschlossen ist, ist für uns nicht nachvollziehbar. Seit 2005 wird die Gewerbesteuer wie eine „heilige Kuh“ behandelt, die unantastbar erscheint. Gleichzeitig ist von steigenden Gewerbesteuereinnahmen auszugehen, bei denen eine Erhöhung des Gewerbesteuersatzes einen zusätzlichen helfenden Effekt hätte. Schon die von uns im Vorjahr vorgeschlagene Erhöhung um 7 Prozent auf 480 v.H. würde ausgehend von dem Gewerbesteuerertrag, den die Verwaltung im Haushalt angesetzt hat, jährliche Mehreinnahmen in einer Höhe von rund einer Millionen Euro generieren können.
Die taktisch kluge Entscheidung, die Erhöhung des Grundsteuer B-Satz für 2017 um 100 Punkte bereits im letzten Jahr mitzuentscheiden - und dann in der Haushaltssatzung für den Doppelhaushalt zu verkünden, dass die angegebenen Steuersätze daher nur „deklaratorische Bedeutung“ hätten, ist schon interessant. Bisher ist das aufgegangen, da in dem Doppelhaushalt 2016/17 das offenbar kaum jemand aufgefallen ist. Transparent können wir das aber nicht finden, - und wenn vielen Bürgern die deutliche Erhöhung dann erst 2017 bei ihren Gebührenbescheiden auffällt, wird man es nicht als vertrauensbildende Maßnahme verbuchen können.
Wir haben im Vorjahr von dieser Entscheidung unser Abstimmungsverhalten zum Gesamthaushalt 2015 abhängig gemacht. Mit dem vorliegenden Haushalt wird es auch für 2016 und 2017 keine Erhöhung der Gewerbesteuer seit 2005 geben, und es wird daher auch keine Zustimmung unserer Fraktion zum Haushalt geben.
Ich kann hier nur wörtlich unsere Aussagen aus dem Vorjahr wiederholen: Wir streiten uns im Alltagsgeschäft um viele kleine Positionen, sehen die Entwicklung des Eigenkapitals – und damit der Finanzen bis zum Jahr 2020 – mit großer Sorge und verstehen dann nicht, dass man auf diese legitime Einnahmemöglichkeit verzichtet.
Ergänzen möchte ich, dass unsere Ablehnung des Haushaltes auch mit der Entwicklung des Bäderbereichs zu tun hat, der über den Kapitalzuschuss den Haushalt belastet. Grund ist, wie auch an anderer Stelle ausgeführt, dass wir aus unserer Sicht nun die Auswirkung des von uns nicht unterstützen Insolvenzverfahrens sehen. Aus diesem Grund lehnen wir auch erstmalig den Wirtschaftsplan für das Bad ab.
Schließlich kommt hinzu, dass der Bürgermeister mit der Verwaltung beschlossen hat, mit Rödl & Partner ein Büro zu beauftragen, die Konsolidierung zu begleiten. Dieses Projekt liegt weit hinter dem Zeitplan, der der Politik einmal angekündigt worden ist. Vorgestellt wurde das Projekt im Juli 2014 und eine Einbindung der Politik ist bis heute nicht erfolgt. Ob das Büro auch die Effekte erzielt, die die stolze Summe von rund 130.000 Euro, die die Unternehmung kostet, rechtfertigt, bleibt eine offene Frage. Laut Kämmerer bei der Haushaltseinbringung liegen „erste Einschätzungen“ vor. Ja, prima. Diese werden jetzt mit den „Ergebnissen der Gemeindeprüfungsanstalt“ abgeglichen, die sich diese auch ordentlich bezahlen lässt. Und der Kämmerer, Herr Schulze-Beckinghausen, resümiert, dass nach seinem Eindruck „das meiste an Potentialen schon angegangen“ sei. Soll das heißen, die Erkenntnisse der Berater sind nichts wert? Wir können also gespannt sein, was noch kommt.
Entschuldigung, dass ich Herrn Schulze-Beckinghausen, den Kämmerer, immer wieder zitiert habe, aber als Kämmerer ist er unser Ansprechpartner – und er kann mir zu Gute halten, dass ich seine Einbringungsrede nicht nur gehört, sondern auch noch einmal genau gelesen habe. Er zitierte zum Abschluss den Philosophen Karl Popper, nämlich mit: „Alles Leben ist Problemlösen“. Ich möchte auch mit einem Zitat von Karl Popper schließen, das meiner Meinung gut nach zum Haushaltsziel 2020 passt: „Durch unser Wissen unterscheiden wir uns nur wenig, in unserer grenzenlosen Unwissenheit aber sind wir alle gleich.“
Noch eine Anmerkung zum Schluss: In den Beratungen in den Fachausschüssen haben wir dargestellt, dass wir wie in der Vergangenheit einzelnen Teilen des Produkthaushaltes zustimmen, weil wir sie unter den bestehenden Bedingungen in der Regel als sachgerecht ansehen. In diesem Sinne stimmen wir auch dem Wirtschaftsplan des KBWs zu.
Dennoch wird die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN der Haushaltssatzung 2016 / 2017 heute nicht zustimmen.
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